Über
Heinrich Siepmann
Das künstlerische Werk von Heinrich Siepmann ist im wesentlichen
durch drei Phasen charakterisiert: Das ist erstens die Auseinandersetzung
mit der Abstraktion zwischen 1948 und 1957, zweitens die vorsichtige Hinwendung
zu konstruktivistischen Formen, und drittens die rigorose Entscheidung
für die reine ungegenständliche Konstruktion. Hier war Siepmann
in seinem Element. Aus der Spannung zwischen formaler Ordnung und emotionaler
Spontaneität entwickelte er ein künstlerisches Programm von
großer Dichte und wunderbarer Musikalität - bezeichnend für
Siepmann ist, dass er ein Verehrer von Johann Sebastian Bach ist und die
Kunst der Fuge als beispielhaft für seine Malerei empfindet.
Auch Kasimir Malewitsch mit seinem epochalen Schwarzen Quadrat
gehört zu seiner Ahnenreihe.
Siepmann hat das Credo seiner Kunst auf folgende Weise dargestellt: Der
Künstler entfaltet seinen eigenen Kosmos - wer als Betrachter sensibel
genug ist, wird in diesen Kosmos eindringen können. Es geschehen
einschneidende Ereignisse. Dazu zählen schwere Krankheiten. Und dazu
zählt der neue Stil mit neuen künstlerischen Dimensionen. Siepmann
greift zu neuen Taten - egal ob es sich um Öl, Aquarell, Collage,
Graphik, Objekte handelt. Dieser Mann ist in seiner Kreativität unerschöpflich.
Sein Lebenslauf ist unspektakulär. In Mülheim an der Ruhr wurde
er 1904 geboren, dort lebt und arbeitet er - voller Lust. Er studierte
an der Folkwangschule Essen. Seit 1928 ist er freier Maler. Von 1941 bis
1945 war er Soldat, beschäftigte sich in diesen Jahren mit Stilleben
und Landschaftsmalerei, kopierte, wann immer es ging, die alten Meister,
um seine Technik zu vervollkommnen.
1948 war er dabei, als die Gruppe junger westen in Recklinghausen
gegründet wurde. Im Kreise der Freunde Gustav Deppe, Thomas Grochowiak,
Ernst Hermanns, Emil Schumacher und Hans Werdehausen galt Siepmann schon
als der Konstruktivist, der mit seinen Instrumentarien - Quadrat,
Rechteck, Dreieck, Linie - wie auch mit einer Fülle witzig hintergründiger
Collagen seine künstlerische Vielseitigkeit unter Beweis stellt.
Letztlich geht es Heinrich Siepmann darum, mit seiner Malerei Ergebnisse
zu schaffen, die er einmal unter den Begriff kombinatorische Ordnungen
gestellt hat. Das heißt: In der Reduktion und Hinwendung auf
Grundformen und klar überschaubare Spannungsverhältnisse im
Bildgefüge kam ich, so hat Siepmann gesagt, zu Bildern
aus einem geometrisch-konstruktiven Ansatz her. Farbe und Form bildlich
zu ordnen, Klang und Stimmigkeit zu erreichen und daraus das Endergebnis
zu konstruieren - dies sind die künstlerischen Ziele, die Siepmann
beflügeln. Raum, Fläche und Konzeption sind vereinigt, wenn
es darum geht, die geschlossene Komposition im Gleichklang
des einfachsten Nenners zu vollenden.
Prof.
Heiner Stachelhaus, 2000
Heinrich
Siepmann ist im im Dezember 2002 im Alter von 98 Jahren gestorben.
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